Wer Taschen näht, weiss: Der Stoff macht den Unterschied. Er entscheidet über Stabilität, Form, Haltbarkeit – und über den Stil deiner fertigen Tasche. Von robustem Canvas bis zu edlem Kunstleder oder modernem Kork – jedes Material hat seine Stärken und Eigenheiten.
Wenn du verstehst, welcher Stoff wofür geeignet ist, und wie du ihn richtig vorbereitest, legst du den Grundstein für ein langlebiges und professionell wirkendes Nähprojekt.

Beim Taschennähen sind unelastische Gewebe Pflicht. Anders als Kleidungsstoffe sollen sie keine Dehnung haben, sondern Form und Belastung aushalten, ohne sich zu verziehen.
Deshalb eignen sich Stoffe wie Canvas, Jeans, Kunstleder oder Oilskin hervorragend – sie sind in Längs- und Querrichtung stabil. Wichtig ist dabei, dass du immer im Fadenlauf zuschneidest. Nur so bleibt das Gewebe formstabil und die Tasche verzieht sich später nicht.
Elastische Stoffe wie Jersey oder Sweat sind dagegen ungeeignet – sie dehnen sich unter Gewicht und verlieren ihre Form. Wenn du doch einmal ein dehnbares Material verarbeiten möchtest (z. B. Cord mit Stretch), stabilisiere es unbedingt mit Vlieseline oder Schabrackeneinlage.
Stoffkauf, Schnitt und Vorbereitung
Taschenstoffe werden meist in 0,5-Meter-Einheiten verkauft. In deiner Nähanleitung findest du Angaben, wie viel Material du für Aussenstoff, Futter und Verstärkung brauchst. Achte darauf, dass du etwas Reserve einkalkulierst – besonders, wenn du mit Mustern arbeitest oder den Fadenlauf beachten musst.
Bevor du zuschneidest, lohnt sich ein Blick auf die rechte und linke Stoffseite.
Die rechte Seite ist die „schöne“, die später sichtbar sein soll – oft glänzender, farbkräftiger oder bedruckt. Die linke Seite ist meist matter oder unbedruckt. Bei Kunstleder erkennst du sie an der Rückseite des Trägergewebes.
Und wie steht es mit dem Vorwaschen? Das ist Geschmackssache.
Da viele Taschenstoffe wie Kunstleder, Kork oder Oilskin nicht waschmaschinengeeignet sind, lohnt sich das Vorwaschen meist nur bei reinen Baumwollstoffen oder Canvas. Wenn du deine Tasche später regelmässig waschen möchtest, wasche die Stoffe vor dem Zuschneiden einmal vor, um ein späteres Einlaufen zu vermeiden. Verwendest du eine Mischung aus waschbaren Stoffen und Nicht-waschbaren Stoffen, dann kannst du dir das Vorwaschen sparen.
Tipp: Versäubere die Kanten vorher mit einem Zickzack- oder Overlockstich – Canvas franst beim Waschen gerne aus.
Canvas und Baumwollwebware
Canvas – ursprünglich ein Segeltuchstoff – ist robust, atmungsaktiv und langlebig. Er wird aus Baumwolle, Leinen oder Hanf gefertigt und verleiht Taschen einen natürlichen Look.
Für dickere Varianten empfiehlt sich eine 90er bis 100er Universal- oder Jeansnadel, damit die Maschine gleichmässig näht. Dünnere Baumwollstoffe kannst du mit Vlieseline H250 oder Decovil light verstärken, damit sie mehr Stand bekommen.
Kunstleder
Kunstleder wirkt edel und modern. Es besteht aus einem beschichteten Polyestergewebe und ist wasserabweisend, formstabil und leicht zu reinigen.
Je nach Dicke solltest du eine 90–100er Microtex- oder Topstichnadel verwenden. Ein Teflon- oder Obertransportfuss sorgt für gleichmässiges Gleiten – denn Kunstleder bleibt sonst leicht am Nähfuss kleben.
Stecknadeln hinterlassen bleibende Löcher, daher lieber Stoffclips verwenden.
Korkstoff
Kork ist ein natürliches, nachhaltiges Material mit samtiger Haptik. Es ist wasserabweisend, flexibel und erstaunlich robust, perfekt für Clutches, Handtaschen oder Rucksäcke.
Er lässt sich leicht zuschneiden und vernähen – am besten mit Microtexnadel Stärke 90 und Polyester- oder extra starkem Nähgarn.
Je nach Qualität variiert die Oberfläche von glatter, feiner Struktur bis hin zu rustikalem Naturmuster.
Oilskin und Dry Oilskin
Oilskin ist ein gewachster Baumwollstoff mit leichtem Glanz und charakteristischen Falten, die im Laufe der Zeit eine schöne Patina entwickeln.
Er ist wasserabweisend, winddicht und dabei atmungsaktiv – ideal für Shopper, Rucksäcke und Outdoor-Taschen.
Dry Oilskin ist die leichtere Variante, Heavy Oilskin ähnelt einem dicken Canvas. Verwende eine Universal- oder Microtexnadel und nähe mit längerer Stichlänge (3 mm).
Taschenstoffe, Polyester & Mesh
Viele sogenannte „Taschenstoffe“ sind aus Polyester oder Nylon gefertigt. Sie sind äusserst strapazierfähig, formstabil und wasserfest – perfekt für Rucksäcke, Sporttaschen und Outdoortaschen.
Mesh
Mesh ist ein netzartiger Kunststoffstoff (PVC oder Polyester), der sich gut als dekoratives oder funktionales Detail eignet, etwa für Aussentaschen oder Inneneinsätze. Er ist leicht, robust und franst nicht aus.
Beschichtete Baumwolle und Wachstuch
Beschichtete Baumwolle – auch als Wachstuch bekannt – ist ein Klassiker für Kosmetik- oder Strandtaschen.
Sie ist abwischbar, wasserfest und gleichzeitig flexibel. Beim Nähen hilft ein Teflonfuss oder ein Stück Seidenpapier als Gleitunterlage, damit der Stoff nicht am Nähfuss klebt.
Softshell
Softshell ist wind- und wasserdicht, innen weich gefüttert und perfekt für Rucksäcke oder wetterfeste Taschen.
Er franst nicht aus und lässt sich leicht vernähen – am besten mit einer 90er Universal- oder Microtexnadel. Achte auf die richtige Stichlänge (3 mm), damit die Oberfläche nicht perforiert wird.
Cord, Plüsch und Spezialstoffe
Cord ist ein gewebter Stoff mit Längsrippen – langlebig und charmant retro.
Für Taschen sollte Cord ohne Stretchanteil gewählt werden, sonst verzieht er sich. Beachte beim Zuschneiden die Strichrichtung und verwende eine 80–90er Nadel.
Auch Plüsch oder Fellimitat liegen im Trend – ideal für flauschige Statement-Taschen. Klebe für sauberen Zuschnitt auf die Rückseite des Stoffs eine Lage selbstklebende Folie – das reduziert Fusseln und erleichtert das Zuschneiden.

Für Taschen verwendest du am besten Polyester-Garn – es ist reissfest, leicht elastisch und haltbarer als Baumwollgarn.
Für dekorative Absteppungen eignet sich Extra Strong- oder Topstitch-Garn, das die Nähte betont und ihnen mehr Tiefe verleiht.
Passe die Nadelstärke an den Stoff an:
80er für dünne Baumwolle
90er für Canvas oder Oilskin
100er für Kunstleder, Kork oder dicke Lagen
Verwende beim Nähen längere Stiche (2,8–3,5 mm), um dicke Materialien nicht zu perforieren.
Ein Obertransportfuss hilft, mehrere Lagen gleichmässig zu transportieren, und ein Teflonfuss verhindert das Haften bei Kunstleder oder beschichteten Stoffen.
Viele Probleme beim Taschennähen entstehen durch falsche Materialwahl oder ungeeignetes Werkzeug.
1. Der Stoff ist zu weich:
Die Tasche hängt schlaff herunter oder verliert ihre Form. Verwende festeres Material oder verstärke es mit Vlieseline (z. B. H250 oder Decovil).
2. Der Stoff ist zu dick:
Mehrere Lagen Canvas oder Kunstleder stauen sich unter der Nadel. Verwende eine stärkere Nadel (100), nähe langsamer und kürze Nahtzugaben an dicken Stellen.
3. Das Garn reisst oder die Stiche sind ungleichmässig:
Ursache ist meist minderwertiges Garn oder eine stumpfe Nadel. Verwende hochwertiges Polyester-Garn und tausche Nadeln regelmässig aus.
4. Der Stoff klebt oder verschiebt sich:
Kunstleder und beschichtete Stoffe haften leicht am Nähfuss. Ein Teflonfuss oder etwas Seidenpapier schafft Abhilfe.
5. Stoff franst aus:
Webstoffe wie Canvas oder Leinen fransen schnell. Versäubere Kanten mit Zickzackstich oder Overlock, bevor du weiterarbeitest.
6. Farbunterschiede beim Online-Stoffkauf:
Farben wirken am Bildschirm oft anders. Kaufe Stoffe, die aus der gleichen Kollektion stammen, oder bestelle Farbproben – das erspart Frust und Fehlkäufe.
Eine Tasche wirkt besonders edel, wenn Stoffe und Zubehör farblich harmonieren. Am einfachsten gelingt das, wenn du Materialien aus einer Stoffkollektion kombinierst oder dich an Farbkreisen und Komplementärfarben orientierst.
Ein Mix aus matten und glänzenden Oberflächen – etwa Canvas und Kunstleder – verleiht Tiefe und Kontrast. Mutige können mit gemustertem Futter oder farbigen Reissverschlüssen Akzente setzen.
Die Stoffwahl entscheidet über den Charakter deiner Tasche – von elegant bis lässig, von edel bis sportlich. Wähle unelastische, feste Materialien wie Canvas, Kunstleder, Kork oder Oilskin, stimme Nadel und Garn darauf ab und arbeite sorgfältig im Fadenlauf.
So entsteht nicht nur eine Tasche, die schön aussieht, sondern eine, die dich lange begleitet – robust, stilvoll und absolut einzigartig.
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